CEO André Käber im Interview mit Irgendwas mit Logistik
Bereits zum zweiten Mal ist CEO André Käber zu Gast beim führenden Logistik-Podcast „Irgendwas mit Logistik“. Es geht um Unternehmensgründung, Zusammenarbeit, den Wert der Logistik und was die myleo / dsc als Lösung, Plattform und Organisation dazu beitragen kann.
Schon im Jahr 2021 war André Käber zum ersten Mal bei Irgendwas mit Logistik zum Interview geladen – damals noch unter dem Dach der leogistics GmbH. Im aktuellen Gespräch geht es um die Ausgründung der myleo / dsc als eigenständige Organisation: Was hat sich verändert und vor welchen Herausforderungen standen André und sein Team in den vergangenen Monaten seit Januar 2023? Gibt es Themen, die man beim zweiten Mal bei einer Gründung anders macht?
Marktrends und Zusammenarbeit
Darüber hinaus sprechen Andreas, Thomas und André über aktuelle Marktentwicklungen und den Wert der Logistik in unserer turbulenten Zeit. Welche Anforderungen haben Kunden heutzutage an eine Logistiklösung? Wie wichtig ist es, effiziente Prozesse zu haben? Und sollte man Daten und Informationen mit anderen Stakeholdern teilen?
Und bedeutet überhaupt unsere Vision, die Logistikprozesse und Arbeitsweisen von Unternehmen und Menschen vereinfachen? All das und mehr gibt es in Folge #188 von Irgendwas mit Logistik mit André Käber, CEO myleo / dsc.
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Das Transkript
Andreas (iwml)
Moin André, bei euch ist alles irgendwie ein bisschen neu, ein bisschen aber irgendwie auch nicht. Also manchmal sehe ich ja auch noch leogistics als Logo an Wänden prangen und sonst irgendwas. Vielleicht kannst du uns erst mal ein bisschen dahingehend abholen: Wo sind wir denn heute? Und mit wem sprechen wir denn eigentlich? Erzähl doch mal.
André (leoquantum)
An manchen Tagen weiß ich das auch nicht. Aber ich habe definitiv nicht mehr den Hut auf, der Geschäftsführer der leogistics GmbH zu sein. Der Gründer bin ich immer noch. Das kann man mir ja nicht nehmen, aber ich bin nicht mehr Geschäftsführer. Ich habe diesen Job, der mir viel Freude gemacht hat, im letzten Jahr aufgegeben, um etwas Neues zu starten. Und was Neues ist eigentlich ein Thema, das mich schon seit 2018 mehr oder weniger bewegt, noch unter einem anderen Namen.
Aber der ganze Software-as-a-Service-Bereich, den gesamte Bereich Logistik anders zu gestalten als in der Vergangenheit, hat mich unheimlich umgetrieben. Und wie gesagt, seit 2018 dabei und jetzt endlich seit diesem Jahr mit einer eigenen Company, mit der myleo / dsc. Dahinter steht die leoquantum GmbH. Das „Leo“ ist immer noch da, das ist ja auch ein Teil meiner Historie. Mein Uropa hieß Leo, meine Oma Leokardia. Also wie soll das „Leo“ jemals weggehen? So ein Zufall. Aber ich bin jetzt Geschäftsführer und quasi auch Gründer unseres Spin-offs oder Corporate Start-ups - ich weiß gar nicht, ob es dafür einen richtigen Namen gibt - der myleo / dsc, wo wir uns jetzt wirklich auf ein Thema konzentrieren können. Und ja, das macht mir viel Freude. Es waren interessante letzte Monate, arbeitsreich. Aber ja, es ist richtig so, es fühlt sich richtig an.
Thomas (iwml)
Was macht denn die myleo / dsc innerhalb der leoquantum anders als leogistics?
André (leoquantum)
Wir haben natürlich mit der myleo / dsc in dem SaaS-Bereich ein ganz anderes Geschäftsfeld im Auge. Software as a Service heißt möglichst einfach ohne eigene Infrastruktur. Wir haben ein Angebot geschaffen, dass man relativ einfach eine Software aus der Cloud konsumieren und nach seinen Bedürfnissen für seine Logistikprozesse anpassen kann. Für alle, nein nicht für alle - da gehen wir sicherlich auch noch mal tiefer darauf ein: Was sind unsere Zielmärkte und Zielkunden und was macht das so speziell?
Aber du hast ja die Frage gestellt: Was machen wir anders? In der Vergangenheit war unser Angebot primär – und das ist bei leogistics immer noch so – im Zusammenhang mit dem SAP. Das heißt, leogistics fokussiert sich primär darauf, SAP-Implementierungen vorzunehmen im Bereich Transport Management, im Bereich Lager-Management und das eigene Produkt, das leogistics Yard Management. Aber der Kunde braucht immer ein SAP-System. Was braucht der Kunde heute von uns? Eigentlich gar nichts. Alles an Infrastruktur bringen wir mit. Der Kunde braucht ein internetfähiges Handy, Tablet oder einen Rechner und kann dann mit unserer Software starten.
Es ist ein ganz anderes Technologiespektrum, das wir nutzen. Es ist ein anderes Denken. Ich nenne es auch nicht mehr Projekt, sondern eigentlich Onboarding. Das ist der Beginn der Customer Journey: mit uns auf eine Reise zu gehen, seine Logistik auf ein anderes Level zu bringen. Das ist für uns in den letzten Jahren, so hat es sich herausgestellt, ein ganz anderes Arbeiten gewesen. Auch von den Teamstrukturen, von den Aufgabenfeldern etc., die wir im Unternehmen auf einmal bekommen haben, von den Support-Strukturen und Servicestrukturen. Das war einfach notwendig, da einen gewissen Cut zu machen, um sich fokussieren zu können. Und wir haben es sehr schwer gehabt in der letzten Zeit, als wir noch eine Firma waren, den Fokus zu finden.
Andreas (iwml)
Das ist dann der Grund, warum ihr die leoquantum mit der myleo / dsc ausgegründet habt, eine separate Organisation?
André (leoquantum)
Es gibt sicherlich viele Gründe, warum wir das getan haben. Einer der Gründe war wirklich der Fokus, dass sich auch beide Bereiche, sowohl leogistics als auch leoquantum mit der myleo / dsc fokussieren können und teilweise mit anderen Partnern zu arbeiten. Ich habe SAP erwähnt. leogistics als SAP-Partner ist ganz klar im SAP-Ökosystem zu Hause und wir als myleo / dsc sind in einer freien Welt zu Hause, die SAP als wichtigen Partner erachtet, aber nicht als den einzigen. Wir arbeiten mit AWS, Amazon Web Services, wir arbeiten mit anderen Unternehmen, wir arbeiten mit Oracle. Ich will jetzt hier keinen verschweigen, aber das sind so die Player, mit denen wir natürlich jetzt auch in Kundensituationen unterwegs sind, wo wir vielleicht an der einen oder anderen Stelle auch Wettbewerber darstellen.
Thomas (iwml)
Also tatsächlich eine offene Plattform...
André (leoquantum)
Es ist eine offene Plattform. Ich glaube, die Offenheit ist der Weg in die Zukunft bei den Kunden, die wir adressieren wollen. Sie sehen offene Standards als Vorteil, die man dann auch wiederum beliebig erweitern kann und wo das Teilen von Wissen und Netzwerken, also auch von Daten und Informationen ein ganz wichtiger Faktor ist.
Andreas (iwml)
Es ist aber gleichzeitig auch etwas, was in SAP funktioniert oder was ihr auch mit SAP macht?
André (leoquantum)
Wir haben Projekte, wo wir konnektiert sind, ich sage bewusst konnektiert, also angebunden an SAP. Aber wir sind ein Teil des Ökosystems, der IT-Landschaft unserer Kunden. Das heißt, wenn wir einen Kunden haben, der SAP hat, kann sich eine myleo / dsc heute nahtlos in die Prozesse integrieren. Aber diese Software läuft dann nicht auf SAP-Technologie.
Andreas (iwml)
Ist das der Kernunterschied zu leogistics?
André (leoquantum)
Das ist ein wesentlicher Unterschied zu leogistics. Aber eben auch: Wir sind kein Beratungshaus mehr. Wir sagen ganz klar, unser Onboarding ist ein Teil unseres Produktmanagements und wir wollen weg – ich habe es ja schon kurz erwähnt – von dem Gedanken eines langen Projektes, sondern hin zu kurzen Implementierungszeiten. Der Fokus liegt auf Standardisierung. Wo früher lange Projekte der Glückssegen waren, ist heute eine schnelle Implementierung der Segen, weil unsere Kunden in der Regel erst dann bezahlen, wenn sie hochskalieren. Das heißt, wenn sie wirklich viele Buchungen über unsere Plattformen ausführen. Und das ist das Ziel: einen glücklichen Kunden zu haben, der schnell startet und der schnell mit einem größeren Volumen loslegt.
Thomas (iwml)
Wie seid ihr eigentlich darauf gekommen, das so zu machen? War das ein Bedarf vom Markt her, den ihr damit jetzt deckt? Habt ihr gemerkt, der Markt fordert es quasi oder wie ist das entstanden?
André (leoquantum)
Ja, jetzt könnte ich mich hinstellen und den großen Visionär machen. Oder ich bin einfach mal ehrlich und sage: Es war eigentlich mehr oder weniger ein Unfall. Wir hatten einen Kunden in den USA, der hat ein großes SAP-Werkslogistik-Projekt gemacht, also Yard Management, wie man heute sagt. Und der sagte zu mir in einem Termin, ich erinnere mich noch wie heute: „Mensch André, das ist alles toll mit dem Yard Management. Aber ein Problem, was wir eigentlich haben, ist: Wir wissen nie, wann die LKWs bei uns eintreffen.“ Und da sage ich: „Okay“. „Track & Trace“ fiel dann so als Begriff. Lasst uns das doch mal probieren: den Inbound, also die Zulaufsteuerung der Materialversorgung für diesen Automobilkunden transparent zu machen.
Es war ein Transparenzprojekt: die Lieferanten und ihre Spediteure miteinzubinden und schon im Vorfeld zu wissen, wie die erwartete Ankunftszeit am Werk ist und das mit dem Yard Management zu verknüpfen. Das haben sich ja manche jetzt in 2021 und 2022 als den großen Burner auf die Roadmap geschrieben. Das haben wir eigentlich schon in 2018 realisiert, weil das Projekt in drei Monaten live ging. Wir haben einen Google-Service für die ETA-Kalkulation genutzt, haben Verkehrsdaten und Wetterdaten abgegriffen und haben gesagt: Was da funktioniert, das muss bei anderen Kunden auch funktionieren.
Aber der TechStack, damit das funktioniert, kann nicht mehr SAP sein. Warum? Weil wenn du nur SAP hast, erreichst du wieder nur SAP-Kunden. Wir wollten eigentlich ein viel breiteres Spektrum - additiv zusätzlich zu unserem Bestandsgeschäft- erreichen und haben gesagt: Das muss doch eigentlich eine Lösung sein, die sich wunderbar in unser jetziges Portfolio einfügt und hinzugebucht werden kann. Und das war der Anfang.
Thomas (iwml)
Also ein Unfall. Aber schon 2018 hast du ja gerade gesagt. Also ist das schon ein bisschen her.
André (leoquantum)
Wir haben klein angefangen, wie das so ist mit Experimenten. Heute steht überall: Als Company musst du experimentieren und ausprobieren. Das haben wir getan. Und das ging immer so in unserem normalen Geschäftstreiben unter. Und dann haben wir die erste Person eingestellt, die zweite, die dritte, die fünfte. Da kam mal jemand dazu, der war früher bei Otto. Der kannte sich dann mit Amazon Web Services aus.
Wir durften uns ausprobieren. Unser normales Geschäft hat es erlaubt, dass wir uns ausprobieren durften. Und ich bin immer schon ein Freund davon gewesen, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Viele bei uns im Unternehmen, auch in der leogistics, konnten Transformation schon nicht mehr hören. Weil ich gesagt habe: „Jedes Jahr ist ein Transformationsjahr.“ Ja, warum? Weil man sich immer weiterentwickelt und verändert. Stehenbleiben, das war für mich immer klar, ist der Anfang vom Tod eines Unternehmens. Deswegen ging es immer voran. Das klingt jetzt vielleicht aufgesetzt, aber es kam aus uns raus. Wir haben uns immer weiterentwickelt und so war das in dem Thema auch. Und auf einmal wurde es größer, und der zweite Kunde kam, und der dritte. Und der MVP, wie man so schön sagt, hat bewiesen, dass das funktioniert.
Andreas (iwml)
Das heißt, innerhalb der leogistics habt ihr ein Team aufgebaut? Das waren zum Zeitpunkt der Ausgründung als leoquantum wie viele Leute?
André (leoquantum)
Zum Zeitpunkt der Ausgründung waren es 90 Mitarbeiter:innen.
Andreas (iwml)
Das ist natürlich schon ein krasses Asset, wenn man so auf die typische Start-up-Gründung guckt. Da würde ich sagen, habt ihr das so ein bisschen in einem sicheren Hafen gemacht, um dann rauszugehen, was natürlich viele Vorteile bringt: Ihr könnt Dinge ausprobieren und habt natürlich schon Kunden, die ihr vorher kanntet. Würdest du trotzdem sagen, dass es sehr herausfordernd war, die leoquantum dann auszugründen und diesen Schritt zu machen und zu sagen: „Jetzt nehmen wir die 90 Leute, jetzt machen wir eine eigene Company auf!“
André (leoquantum)
Ja, ihr wisst ja, worum es geht im Leben. Es geht ja nicht nur um Zahlen, es geht ja auch die Menschen. Und natürlich ist es so: Wenn du mal ein Unternehmen gründest, das einem ans Herz gewachsen ist, dann sind ja viele Mitarbeitende, die schon lange Jahre dabei sind. Du verlierst auch Menschen, mit denen du gerne viele Jahre sehr eng zusammengearbeitet hast. Das ist ein Prozess, das musst du erst mal für dich verarbeiten. Und du musst das immer abwägen und auch dem gerecht werden, dass du in deiner Kommunikation absolut klar und authentisch bleibst, warum du diese Schritte tust. Diese Transparenz hat nicht alle Wunden geheilt, hat aber dabei geholfen, den Schritt zu gehen.
Es war im Nachgang ein schon auch anstrengender Schritt mit vielen Unbekannten. Wir haben natürlich eine glückliche Situation innerhalb der Unternehmensgruppe. Wir haben die cbs auf der einen Seite, an die die leogistics ja auch enger herangewachsen ist. Und auf der anderen Seite die Materna, die im Bereich Mergers & Acquisitions und Carve-out sehr erfahren ist. Das ist die Arithmetik nach vorne, wie man so was tut. Das andere sind die Menschen und die musst du mitnehmen. Du musst kommunizieren, du musst Teamstrukturen bauen, du musst dir überlegen: „Wie soll die neue Unternehmenskultur sein? Ist das dieselbe wie bei der leogistics? Was ist das Leitbild der leoquantum? Was sind unsere Werte? Wofür wollen wir stehen?“ Das sind alles Themen, die wir in der kurzen Zeit erörtern mussten. Die Entscheidungen sind im Oktober letzten Jahres gefallen.
Thomas (iwml)
Ziemlich herausfordernd. Und dann 90 Mitarbeiter:innen mitnehmen.
André (leoquantum)
Genau. Und dann die Mitarbeiter:innen mitzunehmen. Und es macht mit jedem etwas. Manche Menschen sind sicherheitsorientierter. Warum gehe ich jetzt da raus? Was bedeutet das für mich? War ich schon mal in so einem Venture? Vor allem den Mitarbeitenden klarzumachen, dass wir jetzt eine Riesenchance haben. Aber auch eine riesige Hürde haben, neu an den Markt zu gehen, mit einer neuen Brand, mit einer neuen Firma, mit einem Markt, den es vorher so in der Form für uns ja gar nicht gab. Den müssen wir uns ja erarbeiten.
Für mich ist das eine riesige Herausforderung. Ich habe da riesig Lust drauf. Für viele ist das erst mal eine Bedrohung. Und so sind die Menschen. Und deswegen musst du auch entsprechend auf dem jeweiligen Level der eigenen Ängste mit den Menschen reden bei unserem Unternehmen. Das ist wichtig.
Andreas (iwml)
Ich kann mir auch vorstellen, dass es so ein bisschen so ein Spagat ist. Auf der einen Seite möchtest du natürlich als Gründer der Ursprungsfirma nur das Beste für die Firma. Auf der anderen Seite bist du wahrscheinlich, das ist einfach nur aus meiner eigenen Perspektive oder wie ich das bewerten würde, auch super aufgeregt für das neue Thema. Du brennst dafür, du willst das machen. Da ist natürlich auch immer die Gefahr, dass du viele Leute mitnimmst, die auch essenziell für die alte Firma sind. Aber du willst sie natürlich dabeihaben.
André (leoquantum)
… oder das andere Extrem, dass du viele dann nicht mitnimmst, weil du möchtest, dass die alte Firma weiterhin gut funktioniert.
Andreas (iwml)
Ich kann mir vorstellen, dass das kulturell extrem schwierig ist.
André (leoquantum)
Es ist absolut schwer, kulturell. Und vor allem auch nicht das Gefühl zu erzeugen: „Das ist ein Dreamteam, die nimmt er mit.“ Wir waren schon eine Company, die sehr stark auf meine Person ausgerichtet war in der Vergangenheit, und das ist ja gar nicht gut. „Warum nimmt er mich denn jetzt nicht mit?“ Und mit den Menschen dann auch zu reden… Du kannst nicht mit allen sprechen. Die müssen auch mit dir sprechen wollen in dem Moment, offen sein dafür.
Aber das dann auch zu erklären, dass da keiner zurückbleibt, sondern einfach auch gewisse Entscheidungen getroffen werden müssen. Wo du sagst, diese Menschen passen besser in die neue Firma, weil sie schon mit den neuen Themen arbeiten. Bei vielen war das ganz klar. Aber gerade in den Overhead-Bereichen, nämlich Administration, Kommunikation, HR, IT. Mit wem gehst du die neue Reise, den neuen Weg, wen lässt du zurück? Das Zurücklassen ist ja auch eine Chance! Aber das wird nun viel besser. Vor allem in den Beziehungen, in denen es sehr still wurde: Menschen sind unsicher, gehen dann nicht direkt aufeinander zu. Und das wird nun besser! Also ich habe ein gutes Gefühl dabei, dass vielen jetzt der Schritt klar wird. Ich sage immer, so ein exogener Schock, der wird langsam überwunden. Es war gut, dass sich neue Räume auftun - für alle.
Thomas (iwml)
Ihr seid jetzt seit drei Monaten dabei und da hat man ja wahrscheinlich schon ein bisschen Gefühl, wie es läuft. Gab es Reibungsverluste?
André (leoquantum)
Definitiv, die gab es. Es gab verschiedene Erwartungshaltungen, die vielleicht anders definiert waren oder anders besprochen waren, die dann nicht so eingetreten sind, wie sie eintreten sollten. Weg nach vorne. Alles ist jetzt. Ich lebe im Hier und Jetzt. Und was in der Vergangenheit war, war in der Vergangenheit. Wir sollten mit den Umständen umgehen, wie sie heute sind. Und ich kann nicht wissen, was in der Zukunft ist. Es ist immer alles eine Wette. Wir müssen uns deswegen auf das Heute konzentrieren, offen sein, authentisch sein, kommunizieren und dann kann man die Dinge auch lösen. Es klappt nicht immer. Aber, wir [leogistics und leoquantum] sind immer noch in den gleichen Räumlichkeiten. Wir haben uns heute auch wieder getroffen und es ist so: Die erste Schockstarre löst sich gerade. Das ist schön, das ist gut zu sehen.
Andreas (iwml)
Das ist ja auch immer eine Chance, Dinge, die man in der ersten Firma,gemacht hat, anders zu machen. Gibt es denn eigentlich auch viele Themen, wo du sagst: Oh, das habe ich überhaupt nicht gut gemacht, das wollen wir jetzt mal anders machen?
André (leoquantum)
Von Grund auf anders? Ja, hundertprozentig. Also ich fang bei mir gerne an, also das ganze Thema Kommunikation. Ich habe früher immer gedacht, meine Rolle ist Manager und ich muss den harten Hund machen, obwohl mir das gar nicht liegt, Dinge durchzudrücken, weil jemand das von mir erwartet. Also gerade dieses Thema Erkenntnisprozess, Management, Leadership. Was sind eigentlich meine Stärken? Was kann ich besser machen? Muss ich immer den Vorreiter machen oder lasse ich nicht das Team sprechen?
Gerade auch das Thema Strukturen: Wir machen heute Strukturen gemeinsam. Wir gehen bottom-up zusammen an die Struktur und nicht mehr top-down. Ich habe früher immer versucht, jeden Raum, jedes Vakuum, wo keiner spricht, mit irgendwelchen Worten zu füllen, damit es vorwärts geht. Heute kann ich es auch mal aushalten, zu schweigen. Ich gehe gar nicht mehr rein in einige Termine, weil das Team auch lernt. Das ist ein Thema, sich nicht zu wichtig zu nehmen, sondern Menschen hier zu befähigen, das Unternehmen gemeinsam zu entwickeln. Und das finde ich total spannend, dass wir das tun können.
Thomas (iwml)
Da hat sich aber auch das Führungsverständnis in den letzten Jahren grundlegend geändert, muss man ja auch sagen. Auch gerade was junge Firmen angeht – auch wenn ihr so gesehen nicht so diese typische junge Firma seid. Wahrscheinlich ist trotzdem der Altersschnitt immer noch relativ jung.
André (leoquantum)
Der ist gar nicht so unterschiedlich. Ich habe letztens angefragt bei uns im HR: „Sind wir denn so unterschiedlich von unseren Generationen?“ Ein Generationsthema haben wir überhaupt nicht. Wir haben einen fast gleichen Altersschnitt in der leogistics und bei der der leoquantum. Das hat mich erst verwundert. Wenn du an einem Produkt arbeitest oder wenn du einen Service erbringst, das sind, glaube ich, wesentliche Unterschiede. Ansonsten können wir uns drehen und wenden, wie wir wollen, wir können Muster suchen - aber das sind die Menschen, die den Unterschied ausmachen.
Hier ist es so: Hast du ein cooles Produkt, geht der Kunde mit, honoriert er das. Sieht er den Value, sieht er den Wert? Das ist ein etwas anderes Geschäft als das, was die leogistics macht.
Andreas (iwml)
Wenn wir ein bisschen mehr auf das Technische gucken. Jetzt haben wir viel über die Kultur und die Philosophie gesprochen und das Warum. Wir hatten vorher ein Beratungsunternehmen und konnten natürlich ein Stück weit maßgeschneiderte Lösungen erbringen. Und jetzt ist der Ansatz: Wir haben ein Produkt, das natürlich immer den Nachteil der Standardisierung mit sich bringt. Das ist erst mal gedanklich komplett anderer Vorgang. Dafür hatten wir ja fast fünf Jahre Zeit. Aber ich kann mir auch vorstellen, dass es sehr, sehr schwierig ist, das auch zum Kunden zu bringen. Guck mal, wir gehen da jetzt nicht rein und customizen alles so, wie du das willst, weil du einmal im Jahr eine Sendung von dem und dem Lieferanten bekommst, was anders sein muss. Sondern: Das ist das Produkt. Entweder es passt oder man muss dir vielleicht ein anderes Produkt suchen. Vielleicht auch mal Nein zu sagen zu einem Kunden.
André (leoquantum)
Und jetzt sind wir aber trotzdem wieder bei dem Thema Kultur: Im Vertrieb, wo du früher eine individuelle SAP-Entwicklung im Z-Namensraum verkauft hast, ist es heute so, dass es ein Standardprodukt gibt, und auf einmal kommst du in die Diskussion mit Produktmanagement und Roadmap. Sehen wir das vielleicht auch für andere Kunden? Packen wir es auf die Roadmap? Sagen wir auch mal nein? Wir haben am Anfang natürlich versucht, Kunden auf die Plattform zu kriegen. Manche haben uns überhaupt nicht geholfen, aber wir wollten das Logo gewinnen. Wir haben gemerkt: Der Kunde zieht keinen Wert für sich aus unserer Lösung und wir haben keinen Wert durch den Kunden, weil er uns eigentlich gar nicht nutzt. Das war wichtig zu erkennen.
Heute haben wir eine andere Vorgehensweise: Wir starten nicht gleich mit einer Demo, sondern versuchen erstmal den Schmerz zu erkennen. Manchmal denkt der Kunde, sein Knie tut weh, dabei kommen die Knieschmerzen von der Hüfte. Ihr wisst, was ich meine. Wir machen also wirklich eine Evaluierungsphase, bevor man in eine Demo geht, um nach dieser Evaluierung punktgenau aufzeigen zu können, was die Plattform im Standard kann. Und dann laden wir natürlich auch Kunden ein, mit dabei zu sein. Wir nennen es Co-Innovation: Mit uns gemeinsam die Roadmap zu bestimmen. Das meine ich auch mit Netzwerk und Partnerschaften. Wir wollen eine Standardsoftware implementieren, mit gewissen Anpassungsmöglichkeiten, aber nicht für jeden Wunsch.
Aber das Thema Roadmap ist natürlich auch immer ein Spagat. Auf der einen Seite hast du, insbesondere wenn du relativ klein bist, vielleicht eher am Anfang eine gewisse Agilität. Und irgendwann wird die Roadmap größer und größer und irgendwann limitierst du dich natürlich selbst. Vielleicht kannst du eine Roadmap für drei Jahre bauen. Dann guckst du schon sehr, sehr, sehr weit nach vorne und dann limitierst du dich natürlich extrem stark. Und wenn du jetzt einem Kunden sagen würdest: „Ja, das ist eine interessante Idee, können wir in drei Jahren machen“, dann sagt der: „Das ist schön, dass ihr das in drei Jahren macht, hilft mir aber nicht. Ich habe jetzt das Problem.“ Das ist ein Riesenspagat, das unter einen Hut zu bringen. Das ist alles nicht von heute auf morgen gemacht.
Andreas (iwml)
Wie geht ihr damit um?
André (leoquantum)
Ja, wie gehen wir damit um? Das ist genau dieser Spagat, den du beschreibst. Immer zu sagen: Okay, wir haben eine langfristige Vision. Wo wollen wir mit der Plattform hin? Dann brichst du das runter. Vision sind zwei, drei Jahre. Was soll noch kommen? Was haben wir auf dem Schirm? Natürlich sind wir auch getrieben, zu schauen, mit welchen Komponenten, mit welchen Themen verdienen wir potenziell das meiste Geld? Was setzt sich gerade durch am Markt? Was wollen die Kunden gerade? Und dann hast du natürlich ein paar Sonderfälle. Wo geht man vielleicht in ein strategisches Thema rein? Wir haben gerade im Bereich Ocean begonnen, mit dem Ocean-Visibility-Thema, was sehr speziell ist. Aber da sehen wir strategisch zum Beispiel einen Fokus von uns, dass wir hier eine Lücke schließen können, die heute vielleicht nicht so viele schließen können als Teil einer gesamtheitlichen Plattform.
Wir haben Prozesse etabliert, bei uns intern. Das nennt sich Betting Tables, wo dann die einzelnen Teams, einzelne Kundenvertreter und auch Onboarding-Berater, Consultants, in den Wettkampf um Ressourcen treten. Wann soll was für welchen Kunden wie in die Roadmap aufgenommen werden? Der Backlog ist viel, viel größer als das, was wir heute mit unseren Ressourcen leisten können. Da muss man ehrlich sein. Und da sage ich auch mal wieder: Weg nach vorne. Ehrlich mit den Kunden sprechen, sagen, was geht und was eben nicht geht. Wir müssen aufhören, Dinge zu versprechen, allesamt am Markt, die wir nicht halten können. Weil wir haben es gesehen, wie zu Themen wie Real-Time, Transparenz, Visibility, welche Erwartungen geweckt wurden und was die Realität gezeigt hat. Und wir müssen schauen, dass wir daran gemessen werden, wie weit wir auch dem Kunden helfen können und wirklich Nutzen stiften.
Thomas (iwml)
Aber da hilft doch eigentlich auch die Standardisierung, dass man halt wegkommt von diesem Customizing. Ich finde, das macht ja gerade die Software-Projekte immer so extrem schwierig. Der Kunde will immer alles Customizen können. Aber man ja auch hinterherfragen: Ist es überhaupt notwendig, diesen Customizing-Prozess durchzugehen? Ist es nicht eigentlich viel besser, den Standard-Prozess zu wählen, weil das der gerade Weg ist?
André (leoquantum)
Jetzt führen wir natürlich eine Grundsatzdiskussion. Wir fangen gerade an, dass Logistik - und das finde ich super positiv – eine Wertigkeit bekommt. Dass Unternehmen auf einmal sagen: „Logistik ist mein Differenzial. Wir sind im Bereich B2B, meist produzierende Unternehmen, unterwegs. Die haben Herausforderungen, wie Energiepreis, Rezessionsängste. Oder auch große Retailer mit Druck vom E-Commerce-Geschäft… Das ist unsere Basis.
Wenn wir jetzt sagen, Logistik ist ein Unterscheidungsmerkmal, wie die Lieferqualität meines Produktes, was nicht mehr nur das reine Produkt und der Service in der Fläche ist, dann muss ich mich natürlich unterscheiden und will auch spezielle Prozesse abbilden können. Und da sage ich, da kann Technologie wiederum helfen. Beispiel No Code / Low Code App Frameworks zu haben, wo du ohne Customizing, sondern nur mit Konfigurationen, kundenspezifische Apps zusammenklicken kannst, die dann dabei helfen, bspw. eine Inventuraufnahme zu machen oder eine Checkliste. Das geht auch sehr individuell, aber nicht mehr mit Entwicklung an der Stelle, sondern mit Konfiguration. Am besten sogar noch durch den Fachbereich, durch das Business selbst!
Andreas (iwml)
Wenn man das weiterspinnt, dann ist ja wahrscheinlich so ein bisschen der Wunschgedanke, dass es in jedem Unternehmen, mit dem ihr zusammenarbeitet, einen Experten für eure Software gibt, der genau diese Prozesse dann ein Stück weit customized. Jemand, der dann kreativ ist, vielleicht auch auf Ideen kommt, die Software anzuwenden, auf die ihr vielleicht selbst gar nicht gekommen wärt?
André (leoquantum)
Genau. Deswegen spreche ich immer von dem geilsten Club der Welt und wir wollen Member in den Club bekommen und möglichst genau die von dir Angesprochenen, die Lust haben, diese Software auszuprobieren, anzupassen, im Unternehmen zu etablieren. Und denen wollen wir helfen, über verschiedenste Wege, nämlich Trainings, Academy und so weiter, genau das zu tun.
Andreas (iwml)
Was sind denn das für Menschen? Weil typischerweise waren das in der Vergangenheit Softwareentwickler. Und die will man natürlich mit so No-Code-Sachen eigentlich vermeiden. Wahrscheinlich sind es dann Prozessexperten. Entwickler kriegst du sowieso schwierig, wenn überhaupt. Die brauchst du auch nicht an der Stelle.
André (leoquantum)
Ja, wir wollen Leute, die Lust haben auf Prozesse und darauf, Prozesse anzupassen und ein bisschen zu tüfteln. Ich habe immer ein Beispiel von einem Kunden. Der Kollege, ich nenne jetzt mal keinen Namen, ist ein langer Kunde von uns, hat auch SAP mit uns gemacht, Eigenentwicklung, erste Logistikplattform damals auf SAP-Basis und macht jetzt auch myleo / dsc. Da sitzt einer, der hat früher in der Logistik gearbeitet und dann ist er in die IT gekommen. Dann war er Key User und nun macht er das alles. Das ist so ein Mensch, der hat da Lust drauf, aber der ist nie Entwickler gewesen. Muss er auch gar nicht sein, aber er hat Lust, sich mit Technik auseinanderzusetzen und sich da reinzufrickeln.
Wir müssen die mitnehmen, die heute noch im Job sind und die Software heute nutzen, nämlich mein Alter aufwärts bis zur Rente. Aber auch die Jungen, die in das Berufsleben starten und sagen: „Ey, warum habe ich in der Logistik irgendwie komische Anwendungen, die schwierig zu bedienen sind?“
Das macht doch gar keinen Sinn.
Andreas (iwml)
Es ist witzig. Man weiß bei vielen Sachen, dass sie keinen Sinn machen, dass sie kompliziert sind. Und trotzdem ist die größte Schwierigkeit, Einfachheit zu erzeugen. Genau das ist immer das Komplizierteste.
André (leoquantum)
Einfachheit zu erzeugen ist Komplexität im Hintergrund, sage ich mal.
Thomas (iwml)
Ja, weil das dann vielleicht auch für die Anwender, wenn es nicht kompliziert genug ist, vielleicht nicht attraktiv genug ist.
André (leoquantum)
Da steckt ja viel dahinter. Aber sehen wir das, was dahintersteht? Einfachheit, Zeitersparnis. Das Wichtigste der Welt ist Zeit. Zeit kommt nicht wieder. Geld kommt immer wieder. Zeit kommt nicht zurück. Habe ich mal irgendwo als Zitat gelesen. Wenn du die Zeitersparnis hast, dass ein LKW-Fahrer zu dem Termin, den er gebucht hat, abgefertigt wird. Wie cool ist das dann?
Thomas (iwml)
Gerade heutzutage mit dem Fachkräftemangel ist es natürlich umso wichtiger, dass die Prozesse effizient sind und dass du dir eben diese Zeit einsparst, dass dieser LKW-Fahrer sofort wieder einsetzbar ist für den nächsten Auftrag und nicht ein zweiter dafür eingesetzt werden muss, den ich nicht habe.
André (leoquantum)
Oder habt ihr noch Lust, irgendwelche Handbücher zu lesen? Ich nicht. Ich will ein Video angucken. Ganz kurz erklärt. Am besten noch in der Software eine kleine Hilfe. Das muss irgendwie grafisch funktionieren. So ist doch die Welt heute. Wir sind es gewohnt, Fachbücher und Handbücher zu schreiben und haben keine Lust mehr, uns damit auseinanderzusetzen.
Andreas (iwml)
Was dann auch ein Thema für den ganzen Bereich Training und Onboarding ist, das hast du ja initial gesagt. Für euch ist der Start der Customer Journey das Onboarding.
André (leoquantum)
Da geht es los. Aber das ist ja genau das Thema. Wie schnell kriegst du die Leute dazu, dass sie verstehen, was sie machen müssen und sie wo klicken müssen. Und wenn ich mir typischerweise ERP-Systeme angucke, am besten auch customized, dann dauert es eine Weile, bis die Leute erst mal verstehen, was sie machen müssen. Und gleichzeitig ist es aber so, dass die Generationen heutzutage verstehen. „Ich kriege ein Handy in die Hand gedrückt und ich weiß einfach, wo was ist. Ich kriege das hin.“ Und das zu transferieren in einen B2B-Softwarebereich, haben ehrlicherweise noch nicht so richtig viele geschafft. Ja, dann wird es doch Zeit, dass man das angeht, oder? Das ist doch eine Challenge. Und gerade in so einem fragmentierten Umfeld, wo du so viele Dinge zusammenbringen willst.
Unser Anspruch ist es ja nicht, nur eine Lösung in einen operativen Bereich abzubilden, sondern eine ganzheitliche, komplette Logistikplattform zu schaffen, wo verschiedene Bereiche, verschiedene Systeme, verschiedene Anwender mit einer Plattform zusammenarbeiten. Alle sollten komplett im Unternehmenssinne denken und nicht im Abteilungsdenken verhaftet sind. Das ist ein totaler Anspruch und den nehmen wir gerne an. Da sind wir bei weitem noch nicht. Aber es wird Stück für Stück für Stück und du musst an verschiedenen Schrauben drehen dafür.
Thomas (iwml)
Das ist, glaube ich, auch eine ganz gute Herausforderung. Ihr wollt damit ja die gesamte Lieferkette, also alle Akteure, irgendwie miteinander verbinden. Das stelle ich mir als große Herausforderungen vor. Das Thema Supply Chain Management gibt es schon seit über 25 Jahren. Da hatte man schon versucht, die verschiedenen Akteure zusammenzubekommen und versucht es jetzt natürlich immer noch.
André (leoquantum)
Definitiv. Man hat mit vielen Hürden zu tun. Man hat vor allem mit vielen Einzelinteressen zu tun. Ich bin ein großer Fan von einem Autor, der hat ein Buch geschrieben zum Thema Connected Company. Diese Connected Company geht von einem Gedanken aus, nämlich von Service-Netzwerken. Und wenn man sich amerikanische Stores anguckt, dann sieht man, da sind verschiedene Service-Dienstleister an einer Stelle, die bilden Service-Netzwerke.
Auf Logistik bezogen bedeutet das: Unsere Kernprozesse sind die Werkslogistik und die Inbound-Steuerung. Da habe ich den Lieferanten, den Spediteur, da habe ich meine Werkssteuerung und da habe ich meinen Outbound-Prozess. Und das noch über verschiedene Verkehrsträger. Natürlich habe ich ganz viele Partner, die ich dort integrieren muss. Und wenn ich ein Service-Netzwerk schaffe, und wir zum Beispiel unterschiedlichste Technologieanbieter bei uns integrieren und deren Service nutzen, dann bekommt der Kunde einen Vertrag. Der Kunde hat einen Vertrag! Er kann digitalisieren, ohne sich darüber Gedanken zu machen, dass er seine Werkseinfahrt, Werksausfahrt digitalisiert. Welche Hardware er dafür nutzt, ist dem Kunden eigentlich total egal. Wir bringen die mit.
Wenn er seinen Lieferanten auf die Plattform onboarden muss, dann ist das eine Riesenaufgabe für ihn. Warum muss er das denn machen? Wir sind der Dienstleister. Wir machen das. Ich sehe uns als Dienstleister, der diese Dienstleistung in Bezug auf Anbindung, Integration, Systemintegration flächendeckend für unsere Kunden übernimmt. Wir sind der verlängerte Arm seiner IT-Abteilung. Sonst müsste er selbst Leute dafür einstellen. Da müsste er mit dem Lieferanten A, B, C, D sprechen. Übernehmen wir für ihn. Er müsste mit dem Dienstleister A, B, C, D sprechen.
Wir haben Partnerschaften mit Connectivity-Anbietern. Einen darf ich immer nennen: logistics.cloud zum Beispiel, Lobster-Gruppe, wo wir gewisse Anbindungen direkt out-of-the-box standardmäßig vorgesehen haben. Warum? Schnelligkeit. Für den Kunden ist es egal. Er hat mit uns einen Vertrag. Wir haben mit denen einen Vertrag und wir sagen dem Kunden: „Du musst dir keine Sorgen machen, wir kümmern uns darum.“ Nicht nur eine Plattform herzustellen, sondern auch die Dienstleistung im Sinne von Service mitzubieten, dass wir uns um alles kümmern, seine Prozesse adaptierbar digital zu machen.
Thomas (iwml)
Müssen euch nicht die Leute, die Kunden, die Türen einrennen, wenn sie das genau so hören und sagen Ihr macht ja alles für die?
André (leoquantum)
Die Resonanz ist aktuell gefühlt gerade so.
Andreas (iwml)
Echt? Ja, das ist erst mal positiv. Aber vielleicht noch mal auf eine Sache aufzugreifen, die du gerade gesagt hast. Ihr stellt nicht einfach nur eine Plattform bereit. Ich glaube, ich verstehe den Wink mit dem Zaunpfahl. Ich habe den Eindruck, dass es eine ganze Zeit lang, vielleicht die letzten 24 Monate oder so einige Player am Markt gab, die unglaublich viele Integrationen zu unterschiedlichsten Playern am Markt gemacht haben, zu Speditionen, zu Frachtführern jeglicher Art. Und dann war plötzlich so ein bisschen Ruhe drum. Irgendwie hatte ich dann das Gefühl: „Okay, jetzt gibt es ganz viele Leute auf der Plattform. Aber was passiert jetzt?“ Vielleicht die Frage noch mal umgedreht: Wo würdest du differenzieren zwischen „Wir stellen nicht einfach nur die Plattform“ und „Wir sorgen dafür, dass die alle ongeboardet sind?“ Wo ist der konkrete Unterschied?
André (leoquantum)
Der konkrete Unterschied ist: Wir denken bewusst den Prozess aus Sicht des Kunden zu Ende und stellen nicht nur Daten zur Verfügung und sagen „nach uns die Sintflut“. Das heißt, unsere Lösung ist auch immer eine operative Lösung. Und ja, wir gehen dort in Strukturen rein, wo vielleicht heute noch nichts da ist oder wo heute vielleicht schon ERP-Systeme vorhanden sind oder WMS-Systeme oder TM-Systeme vorhanden sind, die aber nicht das erfüllen, was der Kunde heute benötigt: nämlich Echtzeitdaten oder Statusinformationen.
Wenn wir ehrlich sind, der Weg vom Lieferanten über den Spediteur des Lieferanten hin zur Werkslogistik ist heute immer noch für viele eine Blackbox. Warum? Weil einfach die Konnektivität an der Stelle fehlt. Jeder hat irgendwie die Distribution für die letzte Meile gesucht, aber der Weg davor, nämlich die Anlieferprozesse, der fehlt! Und wenn wir jetzt mal eine einfache Kette nehmen, nur mit LKW, Straße bis zum Werk, dann ist das fein. Aber meistens haben wir da noch zig Läufe davor.
Da die Brücken zu schließen, sukzessive dort Anknüpfpunkte zu finden, wo heute noch nichts da ist, das ist unsere Aufgabe. Also wir verbinden Echtzeitdaten, woher die auch immer kommen, mit operativen Informationen, mit Kollaboration und Kommunikation, also Chat-Funktion in der Lösung, um so logistische Probleme zu lösen.
Und nicht nur: „Hier sind deine Echtzeitdaten, mach damit was du willst, track den Container und dann ist es fein.“ Wir wollen immer wissen: „Welchen Einfluss hat das auf meine Produktionskette, also auf mein Material, auf meine Materialverfügbarkeit, ergo auf meinen Kunden? Für mich ist interessant, welches Material ist in diesen zu spät kommenden Containern?“ Und nicht: „Wo der gerade ist, oder ob ich den auf einer Karte sehen kann oder nicht.“ 98 Prozent der Kunden sagen mir: „Nice to have, aber interessiert mich nicht wirklich.“ Unsere Anforderungen gehen meistens in die Richtung, dass Statusinformationen für unsere Kunden, die keine eigenen Assets haben, keine eigene Flotte haben, irrelevant sind.
Unser Chemieunternehmen oder Verlader in der Lebensmittelindustrie oder wo auch immer, die haben gar keine eigenen Assets. Die wollen gar nicht wissen, ob der Fahrer eine Pause macht oder nicht. Die wollen nur wissen, ob der rechtzeitig beim Kunden ankommt oder nicht. Dafür reicht ein Status mit Proof of Delivery vollkommen aus und eine Nachricht, wenn er zu spät kommen sollte, dass sie reagieren und den Kunden informieren können. Und dafür muss ich nicht permanent jedes Asset in meine Kette tracken. Das müssen andere vielleicht. Wir für unsere Kunden müssen das nicht.
Andreas (iwml)
Was soll man sagen? Ich glaube, wir haben in den letzten 45 Minuten so ziemlich alles abgedeckt, was mir so in den Sinn kommt. Vieles Kulturelle und vieles Produktbasierte, was wiederum auf das Kulturelle eingezahlt hat, was ganz witzig ist. Eine Frage habe ich noch. Du hattest vorhin gesagt, dass viele Unternehmen aktuell auch Ängste haben, Rezessionen und sonst was für Themen. Gleichzeitig habt ihr in dieser Phase ein Unternehmen gegründet mit einer beachtlichen Anzahl an Leuten. Wie fühlst du dich denn mit den Herausforderungen? Weil ich meine, du hast gesagt, die Nachfrage sei riesig. Aber es war natürlich auch ein riesiges Risiko. Du warst ja eigentlich schon im sicheren Hafen. Und du hast gesagt, ja, dann kriegt man das Risiko. Eine Zeit, in der die allermeisten Menschen Risiko scheuen.
André (leoquantum)
Ja, absolut. Ihr wisst ja, Schiffe werden nicht für den Hafen gebaut, sondern für die offene See. Da sind die Risiken immer da. Deswegen freue ich mich riesig auf diese Aufgabe. Bei mir ist es so: Ich brauche genau diese Herausforderung, Dinge zu bewegen, weil ich daran glaube, dass die Zeit reif ist, den Markt, in dem wir uns bewegen, ein Stück weit zu verändern und besser zu machen. Deswegen habe ich das überhaupt nicht als Risiko gesehen, sondern freue mich auf die Aufgabe. Ich sehe die Resonanz, die wir bekommen, aber auch mit der Aufgabe, die uns gestellt wird, dem auch gerecht zu werden. Das motiviert mich unheimlich. Dinge sind, wie sie sind. Ich habe vorhin schon gesagt, alles ist jetzt. Wir managen das jetzt und versuchen eine bessere Zukunft zu erlangen. Aber was passiert in der Zukunft? Wissen wir alle nicht.
Andreas (iwml)
Gut so. Riesenrespekt dafür.
Thomas (iwml)
Was steht denn sonst noch so als nächster großer Meilenstein auf eurer Roadmap? Ihr habt jetzt drei Monate hinter euch. Gibt es da etwas, wo ihr sagt, so die nächsten drei, sechs, neun Monate wollen wir auf jeden Fall das und das erreichen?
André (leoquantum)
Es gibt verschiedene Bereiche, wo es natürlich Strategien gibt, die es umzusetzen gilt. Im Produktbereich ist das Thema gerade Trailer Management sehr heiß. Also viele Kunden sprechen uns darauf an. Wir haben ein Yard Management, viele denken Trailer Management und Yard Management ist dasselbe. Nein, ist es nicht. Das ist noch mal eine ganz andere Form, gerade auch mit Blick in Richtung USA.
Aber ansonsten, Strukturen zu festigen, Prozesse, die wir heute vielleicht noch nicht in allen Bereichen haben, zu etablieren, auch nicht zu „over-engineeren“. Wir wollen flexibel bleiben, schlank bleiben, weiter wachsen. Und ich möchte einfach, dass wir Mitarbeiter:innen begeistern. Aber auch neue Mitarbeiter:innen und Kunden dafür gewinnen, sich unserem Club anzuschließen. Zu sagen: „Ey, da ist Veränderung, da ist was in Bewegung und da möchte ich dabei sein. Das finde ich gut. Da möchte ich mich auch einbringen, vielleicht das Produkt noch besser zu machen.“ Das sind unsere Herausforderungen. Einfach ein sicherer Hafen zu sein für Menschen, die die Logistikwelt in unserem Segment verändern wollen. Das ist meine große Challenge.
Andreas (iwml)
Sehr cooler Club, den ihr geschaffen habt und schafft in dem Sinne. Dann würde ich sagen: Vielen Dank, André. Es hat mir wieder mal sehr großen Spaß gemacht. Schön, dass wir noch mal hier sein durften. Jetzt aber im myleo / dsc Headquarter und nicht mehr im leogistics Headquarter. Und ich würde sagen, bis zum nächsten Mal.
André (leoquantum)
Bis zum nächsten Mal. Vielen Dank euch.
Thomas (iwml)
Okay, Ciao.
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